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Wahl oder Qual?

Lesedauer: 3 Minuten

Veröffentlicht im “Schön für mich!”-Magazin.

Auto, Bahn oder Fahrrad? Festanstellung oder Selbstständigkeit? Kolumnistin Anna wünscht sich wieder mehr Freude an der Entscheidungsfreiheit.

Hin- und hergerissen stehe ich auf der Straße und überlege, wie ich am besten zu meinen Termin komme: „Soll ich mir einen Elektroroller oder -scooter ausleihen, ein Elektrofahrrad oder doch eines der fünf verschiedenen Carsharing-Autos nehmen? Soll ich mit der U-Bahn fahren oder mir ein Taxi gönnen?“ Am Ende entscheide ich mich für mein altes Fahrrad. Wie meistens. Wenn ich mein Haus in Berlin verlasse, kann ich zwischen zwölf verschiedenen Fortbewegungsmitteln wählen. Doch macht diese gefühlt unendliche Auswahl an Möglichkeiten das Leben leichter?

Manchmal wünsche ich mir einen kleinen Taschendiktator, der mir sagt, was ich anziehen soll, wie ich zur Arbeit komme, was ich essen soll, welches Projekt ich zuerst verwirklichen soll und was zum Teufel ich wann auf welcher Social-Media-Plattform posten soll. Wir leben in einer Zeit, in der es noch nie so viele Möglichkeiten gab. Das bringt zwar größtmögliche Freiheit mit sich, aber macht es fast unmöglich, eine Wahl zu treffen. Kein Mensch kann alles abwägen. Das führt dazu, dass fast jede Entscheidung den schalen Beigeschmack hat, vielleicht doch nicht die optimale gewesen zu sein. Der Punkt ist auch: Ich kann mich nicht nur frei entscheiden, ich muss mich auch entscheiden. Denn jeder weiß, wer seine Wahl trifft, ist glücklicher, erfolgreicher und attraktiver. Die wenigsten werden dafür bewundert, dass sie lange zaudern und zweifeln. Bei der Wahl der Fortbewegungsmittel ist die Herausforderung noch überschaubar, aber was ist mit der Wahl des Wohnorts, des Berufes oder Studiums?

Ich liebe meinen Job, aber manchmal frage auch ich mich, ob ich eigentlich eine gute Lehrerin oder Schauspielerin oder vielleicht sogar Astronautin geworden wäre. Der Wunsch nach einem neuen Beruf schleicht sich vor allem dann ein, wenn ich mich in den sozialen Medien umschaue und jeder scheinbar mit Leichtigkeit etwas Neues aufbaut, den bunten Strauß an Wahlmöglichkeiten nutzt und sich Fragen stellt wie: „Was ist meine Berufung? Was will ich eigentlich im Leben? Welcher Beruf macht mich glücklich?“ Noch vor gar nicht so langer Zeit war die wichtigste Frage: „Wie bekomme ich einen Job, mit dem ich meinen Lebensunterhalt finanzieren kann?“ oder für Frauen: „Wie finde ich einen Mann, der mich versorgt?“ Damals waren die Wahlmöglichkeiten überschaubar. Wenn ich daran denke, bin ich unendlich dankbar, genau in dieser Zeit und in diesem Land zu leben. Was für ein Privileg. Auf einmal sehe ich die Schönheit der Freiheit, alles sein zu können, was ich will. Dann lerne ich lieber, mit der Fülle an Wahlmöglichkeiten umzugehen, als mich von ihnen stressen zu lassen. Dann erinnere ich mich wieder daran, dass es ok ist, auch falsche Entscheidungen zu treffen, denn auch daraus kann man lernen. Dann schaue ich ganz entspannt in den glitzernden Social-Media-Himmel und mache mir bewusst, dass die Sterne im Nachbarsgarten nur scheinbar heller leuchten. Dass es nicht darum geht, möglichst viele Möglichkeiten zu nutzen, sondern herauszufinden, welche ich wirklich wahrnehmen will, unabhängig davon, was alle anderen machen. Dann verpasse ich zwar ein paar Möglichkeiten, aber nicht die Möglichkeit, glücklich zu sein.

Deine Anna

 

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